Leipziger Pfeffermühle präsentiert ihre „Schröpfungsgeschichte“

Hameln. Das politische Kabarett alter Schule ist tot? Von wegen. Mit ihrem neuen Programm „Drei Engel für Deutschland – Schröpfungsgeschichte“ hat das Trio Rebecca Köbernick, Rainer Koscharz und Frank Sieckel von der Leipziger Pfeffermühle in puncto Originalität, Witz, Tiefsinn und Spielfreude ganze Heerscharen von TV-Comedians in die Schranken verwiesen. Was die durchweg älteren Zuschauer im Lalu erlebten, war eine kabarettistische Himmel- und Achterbahnfahrt, angeschoben von den drei Engeln Paschke, Pollmann und Peters, allesamt Mitarbeiter im HÖD, dem Himmlischen Öffentlichen Dienst. Ihren Chef freilich hat’s schwer erwischt, der kann all das Elend in Deutschland nicht mehr mit ansehen und hat sich erst einmal für 1000 Jahre krank schreiben lassen. Also müssen die „drei Engel für Deutschland“ alles selbst in den Griff bekommen. Was folgt, ist eine an intelligentem Witz kaum zu überbietende Folge von göttlichen Sketchen. Da gerät etwa Jesu wundersame Speisung der 5000 mit nur einem Fisch ins heillose Gestrüpp des EU-Verordnungs- und Regelungswahns, und auch der Personalbestand an Schutzengeln für Flüchtlinge in Sachsen geht zur Neige, obwohl dort Ausländer seltener sind als eine Burka am FKK-Strand.

Einfach himmlisch auch die Loriot-Adaption der zwei Herren im Bade, die sich diesmal aber als schießwütige AfD-Chefin Frauke Petry und ein gewisser Adolf H. entpuppen. Die drei Akteure gehen mit eminenter Spielfreude zu Werke aus der sich eine ungeheure Dynamik speist. Sie zeigen sich durch und durch als Bühnenprofis, die in der Regie von Thomas Köller die mit reichlich Denktiefe ausgestatteten Texte von Axel Cruse und Gernot Voltz in mitreißender Manier auf die Bühne bringen. Egal ob im Büroalltag im von Privatisierungsplänen bedrohten HÖD oder als jubelnde Fußballanhänger im heißen Wüstensand. Eine glänzende Nummer folgt auf die andere, hervorragend choreografiert, ein Ideenfeuerwerk, bei dem die Beantwortung der Frage, ob ein Straßenschild religiöse Gefühle verletzen und zu Hyperventilismus führen kann, den Zuschauer überlassen bleibt. Die dankten mit anhaltendem Applaus für einen in jeder Hinsicht himmlischen Abend.

Von Ernst August Wolf

Dewezet 08.02.16