„Nacht der Travestie“ balanciert zwischen Blondinen-Witzen und Playback-Gesang

Hameln. Wenige Blondinen-Witze reichen, um das Publikum im Hamelner Lalu auf Betriebstemperatur zu bringen. Die rund 100 Zuschauer, vorwiegend weiblich und mittleren Alters, waren sichtlich angetan vom Travestie-Trio Glenn Gold, Shirley Cartier und Reneé Royal. „Ja, Männer haben so ihre Probleme mit anderen Männern in Frauenkleidern“, berichtet Glenn Gold in der Pause, „die gehen dann doch lieber zum Fußball.“ „Mann oder Frau? Die Antwort heißt ,Ja‘“, witzelt der gelernte Einzelhandelskaufmann aus Hannover, der ansonsten an einer Supermarktkasse zu finden ist.

Im Lalu haut er die Kalauer nur so im Sekundentakt heraus, mal derb und frivol, mal voll schwarzem Humor („Weihnachten hatten wir ein Kind aus’m Heim, das nächste Mal nehmen wir wieder ’ne Gans“). Zaubertricks und eine klassische Conférence kennzeichnen seinen Programmpart. Sehr weiblich, im pompösen grünen Federboa-Kostüm kommt Shirley Cartier daher. Kaum zu glauben: Mehr als dreißig Jahre steht sie schon auf der Bühne, dennoch ist die Illusion perfekt. Überzeugend auch ihr Playback-Gesang, garniert mit reichlich Selbstironie („Für jeden nicht getroffenen Ton bekomme ich Finderlohn“). „So viele Witze kann ich mir gar nicht merken“, gesteht ein gleich von drei Damen begleiteter Herr am Ecktisch und notiert sich, warum Senioren auf der PC-Tastatur höchst ungern „ALT + Entfernen“ drücken. Der Grad der Frivolitäten des Trios der drei Damen, die Herren sind, ist unterschiedlich. „Bei mir können auch zwölfjährige Jungs zuhören“, versichert Glenn, was freilich weniger für die aus der Nähe von Frankfurt stammende Shirley Cartier gilt.

Deren Programmbeitrag strotzt nur so von erotischen Anzüglichkeiten ober- und unterhalb der Gürtellinie. Alle drei aber zeichnet die Fähigkeit aus, ihre prächtigen Kostüme perfekt zu präsentieren, schrill und wie ein Paradiesvogel, dann in nur wenigen Augenblicken von enormer Verwandlungsfähigkeit. Ob Reneé Royals Trachtenlook, die zahlreichen Glitzerfummel der Shirley Cartier oder das eng anliegende rot-schwarze Kleid von Glenn Gold als Helene Fischer – alle Kostüme waren echte Hingucker.

Von Ernst August Wolf

Dewezet 26.01.15