Modern Jazz zwischen Rock und Romantik

Wasserfuhr Quartett und Rüdiger Baldaufs Sextett bescheren eindrucksvolles Konzerterlebnis

Von Jürgen Schoormann Hameln.

Das 10. „Jazztival“ im Hamelner Hefehof bot etwas ganz Besonderes: Zwei hochkarätige Ensembles , zwei sehr unterschiedliche Spielarten des Jazz und damit für ein zahlreich erschienenes Publikum die Garantie für ein eindruckvolles Konzerterlebnis. Den Auftakt machte das hier bereits bekannte Wasserfuhr Quartett, vier junge Musiker, alle noch diesseits der Dreißig, trotz inzwischen großer Erfolge auf allen Jazzpodien immer noch sympathisch-bescheiden und zurückhaltend im Auftreten. Und dabei agieren Julian (Trompete) und Roman Wasserfuhr (Piano) sowie Benjamin Garcia Alonso (Bass) und Oliver Lehmann (Drums) mit perfektem Timing und viel Gefühl beim Ensemble-Spiel und einem bewundernswerten Einfallsreichtum in den zahlreichen Soli. Vergleicht man die Anfänge dieser Gruppe, wie sie auf ihrer ersten CD von 2006 („Remember Chet“) zu hören sind, mit ihrem jetzigen Auftritt im Lalu, so sind die Balladen – besonders schön die Hommage an Esbjörn Svensson – noch emotionaler geworden. Hier zeigt sich Julian geradezu als Romantiker auf seinem Instrument. Ein im modernen Jazz selten gewordener Wohlklang schmeichelt den Ohren. Aber hinzugekommen ist in einigen Titeln ein Mehr an Power ( z.B. „Twinkle Eyes“) und Elektronik mit Hall-Effekten bei der Trompete. Rock- und Funk-Elemente tauchen hier und da auf, ohne dass sie überhand nehmen. Zu hören waren überwiegend Eigenkompositionen, aber auch Titel von Bert Kämpfert, Lalo Schifrin und Sting in den Arrangements von Roman Wasserfuhr. Mit „Toccata“ als rasanter Zugabe wurde das Quartett mit heftigem Applaus verabschiedet.

Nach der Pause: Rüdiger Baldauf, lange Jahre als gefragter Sideman in verschiedenen Bands, hier erstmalig mit einer eigenen Formation und überwiegend Titeln von der ersten CD unter eigenem Namen („Own Style“). Die Musik dieses Sextetts tendierte stark in Richtung Jazz-Rock, war weniger melodiös als vielmehr rhythmisch betont. Wenn Melodien auftauchten, erschienen sie eher als mehrfach wiederholte kurze Riffs, sodass der Eindruck einer ziemlich basslastigen Musik überwog. Hanno Busch (Gitarre) und besonders Claus Fischer ( Bass) sowie Mario Garuccio (Drums) taten hier gelegentlich des Guten zuviel. Schade, dass dann die Partien der Trompete ( Rüdiger Baldauf) teilweise untergingen, zumal wenn sie mit Dämpfer gespielt wurde. Dagegen wusste sich der Saxophonist (Thorsten Skringer) mit solistischen Ausflügen Gehör zu verschaffen. An den Keyboards agierte Wolfgang Dalheimer zuverlässig als Stütze der Band.

Der Auftritt zweier so unterschiedlicher Formationen an einem Abend bot Gelegenheit zu einem Vergleich: So verschieden kann moderner Jazz heute sein. Und interessant wäre es zu erfahren, ob es viele Zuhörer gibt, denen beide Bands gleich gut gefallen haben. In jedem Fall freuen wir uns schon heute auf das 11. „Jazztival“!