Wie man mit Nummerngewirr und virtuoser Artistik die Zuschauer beim Weihnachtsvarieté verblüfft

Von Sabine Brakhan Hameln.

Wozu die ganze Diskussion um Lauschangriffe, Digitalfunk und Satellitenübertragung? Die einfache Lösung für all diese Datenschutz- und Kommunikationsprobleme kommt aus Berlin und heißt – nein, nicht Bundesregierung, sondern Duo Sonambul. Während sich die Hamelnerin Simone Jähn aus Bertina Henrichs Roman „Die Schachspielerin“ gerade einen Satzanfang heraussucht, den sie später via Gedanken an Vivian Sommer vom „telepathischen Duo“ senden soll, vollführt Roman Maria von Thurau Rechenspiele, die dem mathematischen Genie eines Profi-Schachspielers gleichkommen. Doch was die Besucher des Weihnachtsvarietés in der „Lalu“-Traumfabrik im Hefehof noch mehr verblüfft als das schier unendliche Nummerngewirr auf der Bühne, sind die sich aus den Zahlenkolonnen ergebenden Quersummen, die stets mit den geheim gehaltenen Vorgaben aus dem Publikum übereinstimmen. Ist das nun Magie oder hat da nur einer besonders gut im Matheleistungskurs aufgepasst? Eine Antwort auf diese Frage bleibt Roman Maria von Thurau dem staunenden Publikum schuldig.

Ganz anders Vivian Sommer: Sie habe die Fähigkeit, den Menschen die Gedanken aus dem Kopf zu lesen, in ihrer Jugend in Brasilien von ihrer indianischen Nanny gelernt, wird verraten. Dabei ist es völlig egal, ob personenbezogene Daten vom Führerschein, Kontonummern von Bankkarten oder – Halt, Stopp! – dazugehörige Pin-Codes abgefragt werden. Auch das Bild der niedlichen Enkeltochter in der Hand eines Seniors kann sie mit traumwandlerischer Sicherheit beschreiben.

Da erstaunt es fast schon nicht mehr, dass auch der willkürlich ausgewählte Textanfang aus dem Henrichs-Roman kein ungelöstes Geheimnis bleibt, während Dirk Marx, vom Duo Sonambul mit dem Spitznamen „Fjuri“ ausgestattet, den ganzen Abend einen mysteriösen Umschlag hütet. Wieviel eigener Wille mischt sich dort oben auf der Bühne gerade mit einer gehörigen Portion magischer Manipulation, mag sich der eine oder andere Varietébesucher fragen, als „Fjuri“ erst die Telefonnummer aus dem „notariell und unabhängig“ vom Publikum geprüften Berliner Telefonbuch heraussucht und vorliest und anschließend die gleiche Zahlenkombination im bis dahin versiegelten Umschlag vorfindet. Während das filigrane Spiel mit den Gedanken und Sinnen der Zuschauer als Bindeglied zwischen den einzelnen Varietészenen dient, beeindruckt der Hannoveraner Benni M. mit seinen Diabolo-Jonglage-Künsten, die er scheinbar spielend aus seiner mitgebrachten Mülltonne zaubert.

Als Kammerjäger von Hameln hätte Garbor Vosteen mit seiner offensichtlich explodierten Haarpracht sicher ebenso viel Aufsehen erregt wie einst der bunt gekleidete Rattenfänger. Der Charmeur rockt die Bühne vom „Lalu“ mit fünf Blockflöten, die er scheinbar gleichzeitig mit Mund, Nase und Ohren bedient. Diese Effektivität hätte sicher auch den mittelalterlichen Stadtvätern Hamelns gefallen.

Nicht weniger rockig, aber dafür in einer etwas verruchten Unterwelt-Atmosphäre, präsentiert sich die Karlsruher Breakdance-Truppe „Fette Moves“. Aus Albanien auf die „Lalu“-Bühne schlängelt sich Alba, die bereits im Grundschulalter ihre Ausbildung zum Schlangenmenschen im Staatszirkus ihres Heimatlandes begann. Und Hand in Hand, gepaart mit extremer Körperbeherrschung, präsentiert das kirgisische Duo Anostas Partnerakrobatik der besonderen Art.

Dewezet 02.12.11