Hameln. Die Welt ist voller Laternenparker. Paul Simon und Art Garfunkel sind zwei davon. Keinen Funken Rock'n'Roll hat ihnen der liebe Gott in die Wiege gelegt, kein Interesse haben sie jemals daran gehabt, den harten Mann zu mimen. Stattdessen kuschelige Melodien, zart gezupfte Saitensprünge mit Lagerfeuerromantik und samtweiche Stimmen wie mit Perwoll gewaschen. Wenn die beiden nicht von der "Bridge Over Troubled Water" gehüpft sind, dann liegen sie noch heute drauf und starren gedankenversunken in den blauen Himmel.

 Nein, das tun sie doch nicht! Paul Simon und Art Garfunkel haben sich während ihres Schaffens (1965 bis 1970) nicht wirklich gut verstanden, trafen sich danach nur noch sporadisch zu einigen Auftritten. Geblieben sind die Hits wie "The Sounds Of Silence", "Mrs. Robinson" und "El Condor Pasa" - die werden freilich noch passgenau ins Flower-Power-Feeling sichtlich älter gewordener Altachtundsechziger gesungen: von der Simon& Garfunkel Revival Band! Das sind Michael Frank und Thomas Heinke aus Erfurt, die mit ihrem Auftaktkonzert für die Dewezet Nachtausgabe 2006 in der Lalu-Traumfabrik im Hefehof am Montagabend für stehende Ovationen sorgten. Das schafft nicht jeder in Hameln.

Geblitzt worden waren sie auf dem Weg in die Rattenfängerstadt. Zu schnell gefahren. Aber immerhin gefahren ins Glück. Denn hier treten sie gerne auf, sagen sie, wurden schon im Oktober 2004 umjubelt. Jetzt wieder, nur vor noch mehr Menschen: Rund 330 lauschen den beiden Künstlern, als die Bühne plötzlich in rotes und blaues Licht getaucht wird. Spielerisch mühelos driftet das Vergangenheitsfahrtskommando in die gute, alte Zeit ab, in der 'ne olle Konzertklampfe noch was galt. Mehr braucht's an solchen Abenden wie diesem nicht. Gut, Heinke holt für "Cecilia" noch die Trommel raus und schließlich ein südamerikanisches Schlaginstrument,aber ansonsten werden Saiten gezupft, gestreichelt, geschlagen. Zum Dahinfließen "I Am A Rock".
Äußerst gelungen außerdem der Ausflug ins Graceland-Album von Paul Simon. "You Can Call Me Al" wird zum spärlich instrumentierten Kracher, "Graceland" selbst ist das Paradebeispiel für akzentuiertes Synchronspiel zweier Musiker auf höchstem Niveau - zwei Künstler, die sich auch von einer gerissenen Gitarrensaite nicht aus der Ruhe bringen lassen, nein, die dafür sogar noch nicht einmal das Programm unterbrechen müssen, sondern einfach weitersingen, mit nur einer Gitarre begleitet, während Thomas Heinke sich schon mal ans Reparieren der anderen macht. Wunderbar, einfach, aber wirkungsvoll.

Schließlich "50 Ways To Leave Your Lover" - aufregend romantisch interpretiert, jedoch: "Wir verstehen es bis heute nicht. 50 Wege, um seine Liebste, seinen Liebsten loszuwerden. Warum...?", fragt sich wohl nicht nur Michael Frank. Dem Mann sitzt der Schalk im Nacken.

Nach zweieinhalb Stunden und drei Zugaben ist der Spaß vorbei. "The Sounds Of Silence" wäre mit zwei Gitarren gespielt sicher besser gewesen. Mehr Grund zum Kritisieren gibt's eigentlich nicht. Höchstens noch, dass eine Handvoll Zuschauer schlaue Sprüche und kleine Schnäpse mit ins "Lalu" schmuggelten. Man kann sich die Fans eben nicht immer aussuchen.

© Dewezet, 14.02.2006