„Mister Red Shoes“ Claus Debusman mischt Rock ’n’ Roll und Jazz im Lalu

Hameln. Wer ihn nicht kennt, mag am Freitagabend zunächst überrascht sein. Las Vegas in Hameln? Die Wiederauferstehung von Liberace? Denn mit dem knallroten Anzug, inklusive roter Schuhe und roter Krawatte zum schwarzen Hemd, wählt Claus Debusman ein extravagantes Outfit. Und die markante Nase und das wohlondulierte Haar erinnern an Barry Manilow, der gern in der Wüstenstadt auftritt. So unterhaltsam wie eine Las-Vegas-Show gerät der Abend im Lalu dann allemal. Der Einstieg mit dem Rock-’n’-Roll-Klassiker „Chantilly Lace“ macht früh klar, welchen der Stars aus der prähistorischen Zeit der Rockmusik Debusman bevorzugt. Sowohl stimmlich als auch in der Art, die Tasten zu traktieren, drängen sich die Parallelen zu Jerry Lee Lewis auf – nicht so verwegen-dreckig wie Little Richard, aber auch nicht so gefällig wie The Big Bopper.

Ebenso in Anlehnung an Lewis verweist Debusman auf seinen Ruf als Piano-Killer, um vom Gastgeber Jobst-Walter Dietz die Genehmigung zu erhalten, den Hefehof-Flügel mit den Füßen zu bespielen. Auch die von weit oben auf die Tasten hinabstürzenden Hände oder das gerollte „Rrrrrrr“, freilich mehr schnurrend als gefährlich, sowie das Ins-Falsett-Kippen erinnern an Lewis. Folgerichtig stammen auch „Great Balls of Fire“ und „Whole Lotta Shakin’“ aus dessen Repertoire. Debusman bietet jedoch mehr als simple Cover und zeigt damit, wie die Rockmusik einmal entstanden ist. Da mischen sich jazzige Improvisationen ein, dazu Boogie-Woogie, Rhythm ’n’ Blues und Country. Sogar aus einem Haydn-Motiv der Wiener Klassik entwickelt sich ein fulminanter Rock ’n’ Roll. Diese unterhaltsame Mixtur bestimmt auch die zahlreichen Eigenkompositionen, die oft im Pop-Jazz angesiedelt sind. „Sand auf der Haut“ und „An der Reling“ entstanden während Debusmans zahlreichen Kreuzfahrt-Engagements. Gelegenheit für spaßige Lautmalereien: Möwengekreische, Wangen-, Brustkorb- und Reißverschluss-Percussion mit Werner Kolb, der nicht nur einen groovenden E-Bass spielt, sondern immer wieder Debusmans Sidekick gibt.

Detlef Thom ergänzt das Trio mit seinem variantenreichen Schlagzeugspiel. Stilbewusst tragen die beiden rote Hemden zum dunklen Anzug als Pendant zum Maestro. Ob nun Las-Vegas- oder alte Kreuzfahrt-Schule: Der ehemalige Hamelner Schiller-Schüler Debusman ist nicht nur ein ausgezeichneter Pianist, sondern auch ein prima Entertainer. Soeben aus der Antarktis zurückgekehrt, erinnern ihn die mühsamen Jodel-Versuche des Publikums an „Grönland, bevor die Hunde gefüttert werden.“ „Mit der Fernbedienung könnt ihr umgehen“, kommentiert er den etwas schleppend in Gang kommenden „Na Na Na“-Chor zum Gassenhauer „Games People Play“. Die Lalu-Gäste staunen nicht nur über die locker aus dem Ärmel rock’n’rollenden Evergreens von Chuck Berry oder Ray Charles, Versionen von Country-Songs wie Charlie Richs „Most Beautiful Girl“ oder das soulige „Save the Last Dance For Me“, das mehr nach Elvis als den Drifters klingt.

Besonders schön geraten „Mister Red Shoes“ jedoch Jazzpassagen, die mitunter an das legendäre Oscar-Peterson-Trio erinnern, und das entspannt schunkelnde Klavierspiel à la Fats Domino. Am Ende viel Applaus für mehr als rote Schuhe.

Von Martin Jedicke

Dewezet 25.01.16