Gute Gedanken und eine Weltpremiere beim Benefizjazz in der Lalu Traumfabrik

Hameln. Wenn im Hefehof kleine Teelichter auf den Stehtischen flackern und schwere Scheinwerfer die Backsteine in buntes Licht tauchen, dann ist Sternstunde in der Lalu Traumfabrik. Und mit etwas Glück erfüllen sich auch kleine oder große Träume, wie am Freitagabend. Als Angela Bendix in der ersten Pause der Jazznacht auf die Bühne steigt, um den etwa 300 Zuhörern von den Kindern Balis zu erzählen, von denen, die ohne Mutter und Vater am Straßenrand stehen, für einige Stunden verschwinden und dann schließlich wiederkehren, versucht sie es wieder: Menschen zu überzeugen. Sie mitzunehmen auf eine kurze gedankliche Reise in die Teile der Welt, in denen es den Kindern nicht so gut geht.

Mit der Unterstützung des Hefehofs um Jobst-Walter Dietz ist Angela Bendix an diesem Abend angetreten, um Träume zu erfüllen, die eigentlich gar keine sein sollten: Ihr Verein Anak Domba Bali gibt Kindern ein Zuhause, die keines haben (wir berichteten). Das Benefizkonzert, mit dem Dietz zwei Jazztruppen zum 15-jährigen Jubiläum des Hefehofs ins Lalu geholt hat, startet mit den vier elegant-ulkigen Damen von Sistergold: Drei Blondinen und eine „Quoten-Brünette“, wie sie sich selbst beschreiben, „besingen“ ihr Publikum mit ganz viel Mimik, Gestik und guter Laune am Saxofon. „Wir haben uns ja hier so orgelpfeifenmäßig aufgestellt“, heißt es von der Bühne. Die instrumentale Spanne: Sopran Saxofon, Alt Saxofon, Tenor Saxofon und Bariton Saxofon. Frei nach dem Body-Maß-Index (BMI) für Saxofonisten, mit der sich berechnen ließe, welches Saxofon für welche Statur das am besten geeignete sei, erklärt die größte Musikerin, wie die kleinste Goldschwester zum kleinsten Blasinstrument kam. Sistergold erweisen sich beim Benefizkonzert als Mulifunktionstalente – sie überzeugen mit Stepp, Scherz und Showeinlage.

Die volle Halle wippt zu Songs aus den Zwanzigern („Bei mir bist du schön“) und bestaunt das vermeintlich freihändige Spiel der Saxofonistinnen. Als Sistergold mit ihren Blasinstrumenten zur Windimitation anpusten, muss auch der letzte Launische lachen. Die Deutsche Jazzhilfe Hameln, eine Truppe mit der wohltuend-komödiantischen Trockenheit nach Sven Regener, erklärt zwischen den Stücken erstmal Sinn und Zweck des Zusammenschlusses. „Wir machen das ja schon ’ne Weile, aber jetzt haben wir gedacht: ‚Irgendeiner muss das ja mal hören.‘ Also treten wir hier mal auf.“ Als sie zu Elegant People ansetzen, erklären sie: „Wir spielen ein Stück, das mag keiner, aber uns gefällt’s. Es ist weder Frauenstück noch Fanlied. Da müssen Sie jetzt durch.“ Neben „gewerkschaftlich verordneten Pausen für Jazzmusiker“ gibt es eine Solo-Einlage mit „278 beats per minute“ am Schlagzeug. Zwischen ausgesuchten, radiotauglichen Jazznummern, schmettert die Deutsche Jazzhilfe – der Keyboarder ist im nicht musikalischen Teil seines Lebens Statiker – auch eine Ballade mit 64 Akkorden: „Wir wollen nämlich die erste Jazzband sein, die mit Schlüpfern beworfen wird“, erklärt er. Und zum Schluss gibt es noch eine kleine Weltpremiere auf der Bühne des Lalu: Sistergold kehren für ein gemeinsames Stück mit der Deutschen Jazz Hilfe ins Scheinwerferlicht zurück. Musikalisch ist der Abend damit perfekt. „Wir sind überwältigt von dem Spendenergebnis“, sagt Dietz.

Mit den rund 4500 Euro, die mit einer Spende des Hefehofs und den privaten Helfern für Angela Bendix‘ Verein zusammengekommen sind, kann sie fünf balinesische Kinder ein Jahr lang ernähren. Um das Grundstück mit dem Haus kaufen zu können, das der Verein für die Ausweitung des Waisenhauses dringend benötigt, muss die engagierte Hamelnerin noch lange weitersammeln. „Bali ist sehr teuer“, erklärt Bendix. Die Kinder schlafen derzeit zu viert in einem Bett, erzählt Bendix auf der Bühne, und, dass das kein Problem sei. Aber die Kinder wachsen und die nächsten drei stehen schon Schlange, um einen Platz im Waisenhaus zu ergattern, das „aus allen Nähten platzt“. „Mittlerweile leben seit Juli 2013 in diesem Haus schon 11 Kinder, die alle durch Spenden finanziert werden. Durch diese Spenden sind wir in der Lage, die Kosten für Lebenshaltung, Kleidung, Bücher, Schulmittel und Schulgeld zu decken.

Wer jemals auf Bali oder einer anderen indonesischen Insel war, weiß, wie groß die Armut in den Dörfern ist“, sagt Bendix. Kontakt: Tel. 05151/1073612 oder Email an info@anak-domba-bali.de. Spendenkonto: Anak Domba Bali e.V., IBAN: DE33254501100100241975 Sparkasse Weserbergland.

Von Nina Reckemeyer

Dewezet 27.04.15