So begeistern Nicole Jo und Julia Hülsmann beim Jazztival im Lalu

Von Ernst August Wolf Hameln.

„Nein, Dixieland steht heute nicht auf dem Programm“, sagt Jazztival-Initiator Dr. Jobst-Walter Dietz. Zum neunten Mal ist es dem Hefehof-Chef gelungen, zwei absolute Spitzenformationen für ein Konzert ins fast ausverkaufte Lalu zu verpflichten: das Julia Hülsmann Trio und Nicole Jo samt Band. Seit 1998 spielt die Saarländer Saxofonistin Nicole Johänntgen zusammen mit Elmar Federkiel (Drums), Stefan Johänntgen (Keyboard) und dem unlängst dazu gekommenen Bassisten Philipp Rehm als Nicole Jo Neo-Bop. Schon nach wenigen Tönen ist an diesem Abend klar: Die Musikerin und ihre Begleiter sind nicht bloß als Hülsmann-Vorgruppe, sondern als absolut gleichwertiger Part des Konzertabends anzusehen.

Die überwiegenden Eigenkompositionen der Bandmitglieder betören durch ihre ausdrucksstarken Klangbilder, lyrisch-poetische Klangsentenzen und opulente, virtuose Soundpaletten ebenso wie durch explosive Hardbop-Läufe einer glänzend aufgelegten Saxofonistin. Sie lässt ihr Instrument mal flüstern, dann wieder singen, dann hart am Rande zu Free-Jazz-Improvisationen kreischen, dass es eine wahre Freude ist, ihr zuzuhören. Mit kongenialer Virtuosität auch die Begleiter: Philipp Rehm am Double-Bass begeistert mit einem sensationellen minutenlangen Solo.

Zwischen perkussiven Slap-Riffs und filigranen Gitarren-Eskapaden bewegt sich das. Und auch Stefan Johänntgen am E-Piano meistert nicht nur beim „Smell of Spring“, einem Ritt durch die Jahreszeiten, zupackende Läufe zu den breit gefächerten Rhythmusvariationen von Drummer Elmar Federkiel. Als zweites Highlight dann das Julia Hülsmann Trio. Herrlich offene, gleichzeitig aber enorm dichte Musik bringt es mit. Wenige Töne auf dem Flügel reichen Julia Hülsmann, um mit scheinbarer Beiläufigkeit in einem sanft dahin fließenden, aber keinesfalls ruhigen Fluss der Töne den Grand Canyon ebenso ins Lalu zu zaubern wie einen französischen Kreisverkehr. Hülsmanns Thelonious-Monk-Hommage „Who’s next?“, die Eigenkomposition „Storm in a Teacup“ von Drummer Heinrich Köbberling und vor allem ihre Bearbeitung des alten Ufa-Tonfilmtitels „Kauf Dir einen bunten Luftballon“ lassen die Töne mit aufgeräumter Virtuosität dahin fließen, bringen Bewegung und Verweilen zusammen. Ein Abend zum Zuhören, zum sich Verlieren in musikalischen Details, die auch mit den derzeit im Hefehof ausgestellten „takeART“-Aquarellen korrespondieren: Klänge, mitunter wie hingetupft, die sich von äußerster Zartheit bis zum hämmernden Groove ins Ohr schmiegen. Keineswegs nur Vorgruppe, sondern gleichwertiger Part beim Jazztival im Lalu: Nicole Jo.

Dewezet 31.10.11