Dietrich Kittner in der Lalu Traumfabrik im HefeHof zu Gast: Kabarett, das nichts von seinem Biss verloren hat
Von Edith Handelsmann
Hameln. "Es ist ja gar nicht wahr, dass die Raucher alle an Lungenkrebs sterben, die erfrieren alle auf dem Balkon!" Das Publikum im Lalu hatte eines sicherlich mitgebracht: gute Laune und die Absicht, diese auch den ganzen Abend zu behalten. Dietrich Kittner ist Garant für ein volles Haus und für mehr als gute Unterhaltung. Dennoch hat er auch seine Ansprüche an die Anwesenden: eine gehörige Portion Toleranz und gutes Sitzfleisch. Wird der geneigte Zuhörer doch auch schon mal als Bodensatz der Gesellschaft bezeichnet.

Der Hannoveraner, der mit einem quälenden Langzeitgedächtnis geplagt ist, zeigt immer die Tendenz kein Ende zu finden. So hat er mal für sich selbst recherchiert - und das tut er liebend gern - dass eine Aneinanderreihung seiner Programme über 56 Stunden beanspruchen würde. Aus dem Stegreif. Und die Geschichten von ihm sind wahr, selbstredend gibt es auch welche, die wahrer sind. So degradiert er Gerhard Schröder zum Büroleiter von Angela Merkel, denn die Große Koalition besteht ja immerhin schon seit fünf Jahren. Aha. "Die Wahl war kurz, die Reue lang - hartzigen Glückwunsch!"

Seit 46 Jahren bewegt Kittner sich in der Subkultur; das soll ihm mal einer nachmachen. Eigentlich hätte er ja auch Minister werden können, die arbeiten auch völlig ohne Programm. Neidvoll guckt er in die politischen Reihen, hat er früher doch nur Witze über die Mitglieder gerissen, so hat er nun alles verschärft und zitiert sie heute nur noch! Er würgt sich stundenlang Pointen aus dem Hirn, die bringen das einfach so. Irgendwie auch unfair.

Außerdem ist es fies, wenn man als Satiriker ein Programm mühsam auswendig lernt und die darin vorkommenden Politiker treten zurück, bevor er es auf die Bühne bringen konnte! Der Mann kann einem leid tun! Man gut, dass Lachen doch noch nicht amtlich verboten ist, dass der Prophet aus Hannover - "das hab ich alles schon vor Jahren gesagt!" - nichts von seinem Biss verloren hat.

Der von Politikern gefürchtete Satiriker könnte sich bequem in seinem Sessel zurücklehnen, seine Rente genießen - wäre da nicht die Verlängerung des Arbeitszeitalters - und überhaupt: sein Leben stressfrei gestalten! Unvorstellbar!

So lange es eine deutsche Politik gibt, den Deutschenüberhaupt, wird Kittner ein Wörtchen mitreden wollen - können - müssen! Schließlich gibt es genug Laberer, äh Labile, ach nein, Liberale in unseren Landen, das er dann auch mal salopp als Rückentwicklungsland bezeichnet.
© Dewezet, 21.02.2006