Geschichte des HefeHofes als Keimzelle Regionaler Wirtschaftsentwicklung

Das HefeHof-Gelände wurde von 1889-1890 vom Hannoverschen Architekten August Lingemann für die Bremer Zucker-Raffinerie im Gründerstil geplant und bebaut und als solche genutzt. An dieser Firma war neben Bremer Kaufleuten der Hamelner Mühlenbesitzer F.W. Meyer massgeblich beteiligt. Zuerst wurde Rohzucker raffiniert, ab 1894 erfolgte die Umstellung auf Entzuckerung aus Melasse und 300 Arbeitnehmer fanden ständige Beschäftigung.

Schon nach ca. zehn Jahren Betriebszeit erfolgte 1899 die Produktionseinstellung. Der größte Konkurrent, die Dessauer Zuckerwerke, u.a. mit Werk in Hildesheim, übernahmen Hameln und lagerte in Teilflächen nur noch Fertigzucker ein. Größere Betriebsflächen standen leer.

1907 wurde das Gelände abermals verkauft und die Anlagen zu neuer Produktion umgebaut. Erwerber und Bauherr war die von fünf Bäckermeistern aus Bremen, Harburg, Emden und Hannover gegründete „Nord-West Deutsche Hefe- und Spritwerke Aktiengesellschaft“. Die Bäckermeister gründeten ihre eigene Hefefabrik, um sich gegen ein Hefe-Preis-Syndikat zu wehren.

1908 konnte die Hefeproduktion aufgenommen und kontinuierlich ausgebaut werden. Da bei der Hefeherstellung als Kuppelprodukt Alkohol anfällt, erhielt die Firma ein Brantwein-Brennrecht. Ab 1909 zogen zahlreiche, auch große gewerbliche Mieter auf den HefeHof als Keimzelle regionaler Wirtschaftsentwicklung, u.a. 1909 Ansiedlung von Schamotte- und Tonwerk „Weserhütte“ GmbH, 1910 Otto Kuhlmann Teppichwerke (OKA) sowie die Teppichweberei Max Weiske, 1911 Karosserie- und Metallwerk Burkart & Günther (u.a. Selve-Karosserie). 1919 siedelte sich u.a. auch Otto Körting – Stoffgrosshandel (späterer Teilhaber Fürstenberg) an. So entstanden in den Hallen u.a. auch von 1911 – 1925 die Karosserien für die sehr erfolgreichen Hamelner Automobile der Marken Colibri, Sperber und Selve.

Von 1916 bis 1924 wurde neben dem deutschen Vertriebsausbau eine Hamelner Hefe-Verkaufstelle in New York (USA) unterhalten, die wöchentlich ca. 80 Ztr. Hefe in Holzfässern per Schiff erhielt. Parallel zum Hefeabsatzwachstum wurden von zur Stillegung bedrohten Fabriken zusätzliche Brennrechte erworben. In Hameln konnten nach und nach für die steigende Zahl der bis zu 200 Arbeiter Wohnungen in der angrenzenden neuen Pfälzerstrasse geschaffen werden. Weitere Firmen siedelten sich an: u.a. 1930 Vitam GmbH von Stettin nach Hameln.

Die zur Abdeckung des Wachstums der Backhefe-Nachfrage 1940 erworbene und betriebene Hefefabrik Wilke in Rastenburg/ Ostpreussen fiel mit Ende des 2. Weltkriegs 1945 entschädigungslos an Russland. Zum Ende des 2. Weltkrieges wurden 1945 Teile der Fabrik- und Wohngebäude bei einem dem angrenzenden Hamelner Bahnhof geltenden Bombenangriff zerstört. Nach gut zwei Jahren gelang der Wiederaufbau der Fabrik, die letzten Wohnungen waren fünf Jahre später wieder hergerichtet. Durch Zukauf von Hefe von befreundeten Fabriken erhielten die Bäcker trotzdem auch in dieser schwierigen Zeit ihre Hefe aus Hameln.

Das Gelände beheimatete nach dem Krieg u.a. die Firmen Beek & Bleibaum, Chemische Fabrik Septelen, eine Hemdenfabrik, Eisen Henke/ Kühne, Dr. Korte/ Kota Farben, Kunze & Kirchner Bürobedarf, Schlachterei Krahl, Dreherei Tönneböhn, Toto Teutrine, Möbel Berg, dann Möbel Flohr, Flachbrot- und Waffelfabrik Emil Käsemann, Lotterie Beckbauer/ NKL, Möbelfundgrube Illig, Jugend Werkstatt, Elektroma, Somatech, DAA, PAD, radio aktiv sowie die Pferdefuhrunternehmerin Magdalene Raschke mit ihren Schimmeln und der Hochzeitskutsche.

Damals wie heute steht der Erfolg des Unternehmens eng mit dem Namen der Familie Dietz in Verbindung. Nachdem Direktor Julius Dietz seit 1907 die „Hefe- und Spritwerke“ als Kaufmann zu einem bedeutenden Backhefelieferanten entwickelte, führte Walter Dietz diesen Weg fort und brachte 1975 durch Gründung des Gemeinschaftsunternehmens „Uniferm Hefefabrik“ diese Aktivitäten mit denen dreier weiterer Hefeproduzenten erfolgreich zusammen. Durch die Produktions-konzentration auf den Standort Monheim am Rhein wurden auf dem HefeHof zahlreiche Betriebsgebäude funktionslos. Die Bausubstanz begann durch Leerstand auf Dauer nicht besser zu werden. Mehrere geplante Umnutzungsprojekte mussten in den Jahren 1978-1998 wegen politischer und/ oder Einzelhandels-Ablehnungen abgebrochen werden. Zumindest auf Randgrundstücken konnten ein Extra-Markt, das Gartencenter Neumann und die Hamelner Sportbox errichtet werden.

Spätestens mit Eintritt der dritten Generation Dr. Jobst-Walter Dietz in den Vorstand der AG sollte 1996 eine Entscheidung zwischen Erhalt und Abbruch des unter Denkmalschutz stehenden „Mutterschiffs“ getroffen werden. Nach einigen Konzept-anläufen hat man sich 1998 in Abstimmung mit der Stadt Hameln für die „Revitalisierung“, den Erhalt durch Umnutzung, entschieden. Durch die Mitte 2000 abgeschlossene Umbaumaßnahme wurde nicht nur ein wertvolles Zeugnis gründerzeitlicher Industriearchitektur erhalten. Die neu gefundenen Nutzungen der Shopping- und Gastro-Mall im EG sowie der Industrie-Design-Büros in den oberen drei Etagen fügen sich wie selbstverständlich ein. Die architektonische Symbiose der Verwendung moderner Materialien, Farben und Formen im Inneren bei Erhalt der historischen Gebäudehülle, darf wohl nicht nur unter Denkmalschutzaspekten als geglückt bezeichnet werden. Zum Wochenende sorgt die LaLu Traumfabrik im HefeHof mit Jazz Club und Kabarett etc. für den kulturellen Ausgleich.

Mit dem über 15 Jahren erfolgreich angesiedelten Technologie- und Gründerzentrum der Stadt Hameln, dem Landkreis ‚Medienpark’ und dem BHW Call-Center seit dem Jahr 2000, der Weserbergland AG sowie zahlreichen weiteren niedergelassenen Firmen mit Dienstleistungsschwerpunkt „gärt“ der HefeHof als Keimzelle regionaler Wirtschaftsentwicklung auch heute weiter.

Bitte machen Sie sich Ihren eigenen Eindruck. Wir freuen uns über Ihren Besuch. Dr. Dietz